Fairtrade-Kakaoprogramm

Interview mit Claudia Brück, stellvertretende Geschäftsführerin TransFair

 

Claudia Brück, stellvertretende Geschäftsführerin von TransFair, erklärt im Gespräch, die Hintergründe und Vorteile dieses neuen Zeichens:

W&H: Das neue Kakao-Programm von Fairtrade hat zu Diskussionen geführt. Einige Rückmeldungen enthalten die Befürchtung, dass die Verbraucher durch ein weiteres Siegel irritiert sind. Warum ist das Programm wichtig und sinnvoll?

Claudia Brück: Nach 20 Jahren Fairer Handel mit der Produktzertifizierung haben wir uns im Süßwarenbereich nicht ausreichend am Markt durchsetzen können. Durchschnittlich verkaufen Fairtrade-Kakaoproduzierende nur 28 Prozent ihrer Ernteerträge unter Fairtrade-Bedingungen und viele Kooperativen konnten gar keine Fairtrade-Absätze erzielen. Weniger als ein Drittel des zertifizierten Zuckers wird als solcher verkauft, gleichzeitig machen es neue Gesetze und Regelungen den Produzenten/-innen zukünftig noch schwerer, auf dem europäischen Markt mitzuhalten. Deshalb ist es unsere zentrale Aufgabe, neue Marktzugänge zu vermitteln. Von Produzierendenorganisationen kam der dringende Wunsch, für bessere Marktzugänge zu sorgen. Mit den neuen Programmen will Fairtrade Kakao-, Zucker- und Baumwollproduzenten/-innen zu höheren Absätzen unter Fairtrade-Bedingungen verhelfen, und somit mehr für ihre Farmen und ihre Gemeinwesen bewirken. Das heißt mehr Prämiengelder für Schulungen zur Produktionssteigerung und damit mehr Einkommen für die Bäuerinnen und Bauern. Und mehr Prämien für Projekte, wie bessere Trink- wasserversorgung, den Bau von Schulen und mehr Veränderung für unsere Gemeinden. Die Produzentennetzwerke haben an der Entwicklung der Programme intensiv mitgearbeitet.

W&H: Haben sie keine Befürchtung, dass die Verbraucher/-innen durch ein weiteres Siegel irritiert sind?

Claudia Brück: Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht, wie das Programm kommuniziert werden soll. Es gibt nur ein Fairtrade. Aber innerhalb der Fairtrade-Bewegung gibt es nun verschiedene Optionen mit uns zusammen zu arbeiten. Wir haben drei Untersuchungsreihen auf verschiedenen Märkten durchgeführt, deren Ergebnisse in die Gestaltung des Programm-Siegels eingeflossen sind. Das unterschiedliche Design und der Begleittext machen Verbrauchern/-innen deutlich, dass es sich hierbei um den Hinweis auf einen anderen Ansatz innerhalb des Fairen Handels handelt.

Unsere Kundenbefragungen und Tests haben ergeben, dass die Menschen wissen wollen, welche Vorteile für die Produzierenden mit dem Kauf eines Produkts verbunden sind und dass sie von Unternehmen erwarten, dass diese ihr Engagement für Fairtrade offen legen und transparent kommunizieren.

Die Untersuchungenergaben außerdem, dass die Herangehensweise, eine klar unterscheidbare Kennzeichnung zu wählen, für mehr Klarheit sorgt, als wenn z.B. dem Siegel eine zusätzliche Unterzeile mit dem Begriff „Kakao“ oder „Zucker“ - hinzugefügt würde. Um sicherzustellen, dass diese Variante auch  rechtlichen Ansprüchen genügt, haben wir juristischen Rat eingeholt.

W&H: Wie kann das Programm zu Armutsbekämpfung beitragen?

Claudia Brück: Kürzlich von Fairtrade in Auftrag gegebene Wirkungsstudien bestätigen, dass ein Marktzugang zentral ist, um die Wirkung von Fairtrade für Produzierende freizusetzen. Nichtsdestotrotz ist uns klar, dass Wirksamkeit keine einfache Angelegenheit ist und höhere Absätze nicht ihr alleiniger Faktor sind. So führt die CEVAL-Studie, eine der umfassendsten Untersuchungen der  letzten Zeit, vier Schlüsselkriterien zur Wirkungsoptimierung auf. Wissen von Produzentenorganisationen erweitern, wie sie am effektivsten mit Fairtrade und dem Zertifizierungssystem arbeiten.

• Die Qualität von Organisationsstrukturen der Produzentenorganisationen verbessern

• Mit Produzentenorganisationen am Aufbau von Führungspositionen und effektivem Management arbeiten

• Absätze für Produzierende unter Fairtrade-Bedingungen steigern Die Programme sind jetzt eine zusätzliche

Option für Produzentenorganisationen, ihre Fairtrade-Absätze zu erhöhen und neue Geschäftsbeziehungen mit Unternehmen aufzubauen. Neben den Marktchancen wird Fairtrade die Beratung der Kleinbauernorganisationen insbesondere in Westafrika verstärken.

W&H: Was unterscheidet das Programm vom Fairtrade-Siegel?

Claudia Brück: Bisher gab es den klassischen Schokoriegel mit dem Fairtrade-Siegel. Jetzt haben  Produzentenorganisationen eine zusätzliche Option, ihre Absätze zu erhöhen. Kooperativen verkaufen ihre Rohware unter Fairtrade- Bedingungen und Unternehmen nutzen diese Rohwaren in verschiedenen Sortimenten, ohne Endprodukte mit dem Siegel auszuzeichnen. Die aktuellen Fairtrade-Standards für Kakao und Zucker bleiben von Seiten der Produzierenden unverändert gültig. FLO-CERT wird wie gehabt seine Kontrollen durchführen, auch für Firmen, die das Mengenausgleich-Modell anwenden.

W&H: Wo finden wir in Zukunft das Fairtrade-Cocoa Programm Zeichen?

Claudia Brück: Erste Kooperationsvereinbarungen liegen mit Rewe, Kaufland, Lidl, Mars und der Confiserie Riegelein für verschiedene Schokoladenprodukte vor. Weitere Kooperation stehen noch aus. Ersten Hochrechnungen zufolge erwartet Fairtrade International 2014 ein Absatzwachstum von fair gehandeltem Kakao um gut 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Vielen Dank für das Gespräch

Gundis Jansen-Garz

Foto: Lutz Doblies  / pixelio.de


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